Walter Kissling (Universität Wien): Der politische Systemwechsel als eine 'Zwischenzeit‘ – Im Schulbuchwesen eine Zeit schwieriger Transformationsprozesse.
Schulbuchbezogene Maßnahmen in den Zeiträume 1919-1920, 1938 und 1945-1946 in Österreich
Unter ‚Zwischenzeit’ verstehe ich jene Zeit, in der ein altes politisches System außer Kraft gesetzt war, das neue formal zwar schon installiert, aber erst im Begriff ist, verschiedene Bereiche staatlicher Tätigkeit zu erfassen. Die ‚Zwischenzeit’ ist kein Leerraum, sondern ein Raum, in dem hinderliche und förderliche kontextuelle Bedingungen sowie einschlägige fachliche Maßnahmen die jeweiligen Transformationsprozesse bestimmen. Neue politische Systeme stellen an das Erziehungs- und Unterrichtswesen hohe Anforderungen und versuchen, den Transformationsprozess auch auf diesem Teilgebiet des Staatswesens (und ganz besonders hier) in ihrem Sinne zu lenken. Dem entsprechend werden an Schulbücher als Hilfs- und intendierte Steuerungsinstrumente des Unterrichts systemaffine Erwartungen gerichtet. Für die drei genannten Zeiträume frage ich nach den Bedingungen, unter denen der Transformationsprozess im Schulbuchsektor erfolgte und nach den Maßnahmen, welche die Schuladministration unter den jeweiligen Bedingungen gesetzt hat bzw. setzen konnte. Unter den Bedingungen seien genannt die Durchsetzungsfähigkeit des neuen politischen Systems, die wirtschaftliche Lage und Orientierungen in der Lehrerschaft. Zu den Maßnahmen seien stichwortartig genannt die Herausgabe schulbuchrelevanter Regulative, die behördliche Schulbuchzulassung, eine begrenzte Ermächtigung der Lehrkräfte zur Wahl der Unterrichtsmittel, die Oberflächenrevision der Schulbücher, die Herausgabe von „Ergänzungsbüchern“ und Notbüchern sowie die Förderung pädagogischer Publikationen, die auch curricularen Erörterungen Platz boten. Einige der zeitgenössischen Maßnahmen werden am Beispiel von Erstlesebüchern dargestellt.